BIOFACH Newsroom
Meet Food – die neue Nähe zum Produkt
Kolumne

Immer mehr Konsumenten wollen ihre Lebensmittel nicht nur „verbrauchen“. Sie wollen sie umfassend „erleben“. Sie wollen wissen, was sie essen, woher ihr Essen kommt, woraus es sich zusammensetzt, wie es verarbeitet und zubereitet wird. Und das nicht primär aus den Blickwinkeln des Konsumentenschutzes und der Ernährungswissenschaft - Stichwort: Zusatzstoffe, falsche Deklarierung, Kalorien, Fette, Kohlenhydrate, Allergene etc. - sondern aus der Perspektive des Genießers.
Diese ist heute längst nicht mehr nur hedonistisch. Dass ein gutes Schnitzel, eine gute Wurst oder ein guter Käse nicht nur gut schmecken, sondern auch gut zu denken sein sollen, dass erst nachhaltiges und ökologisch verantwortungsvolles Produzieren, artgerechte Tierhaltung und gerechte Arbeitsbedingungen ein Lebensmittel umfassend „gut“ machen, rückt immer mehr in unser Bewusstsein.
Produzenten, die es uns Konsumenten ermöglichen, mehr Einblick in ihre Arbeit zu bekommen, die uns an der Herstellung von Lebensmittel teilhaben lassen, die uns näher ans Produkt führen, uns Verarbeitungsschritte erklären, uns schauen, riechen und probieren lassen und damit auch unserem Wissen auf die Sprünge helfen, schaffen damit auch die Voraussetzungen, dass wir uns nicht mit - auch im ökologischen Sinn - „schlechten“ Lebensmitteln abspeisen lassen.
Insbesondere Bio-Produzenten haben im Zuge des „Meet Food“-Trends die Chance, Kunden erfahren zu lassen, dass „Bio“ nicht bloß irgend ein Etikett ist, sondern an Produktionsprinzipien gebunden ist, die sich auch sinnlich vermitteln lassen: Ob in Artisan Butcher Shops, bei Führungen durch gläserne Fabriken, bei Urlauben am Bauernhof, im Rahmen von Wurst-Workshops oder Brotbackkursen oder bei Kochkursen in Restaurants. Durch die gekonnte und „meisterliche“ Inszenierung vor allem von Herstellungs- und Verarbeitungsprozessen können dabei intensivere Verknüpfungen zwischen dem Produkt, dem Produzenten und dem Kunden entstehen.
Es geht dabei aber nicht nur darum, Emotionen zu wecken. Es geht darum, über sinnliche Verführung Sinn zu manifestieren, Zusammenhänge klarzumachen, Geschichten - über Produkte und Produzenten - zu erzählen, Wissen zu vermitteln und - über Zertifikate, Gütesiegel und Kennzeichnungen hinaus - Vertrauen herzustellen. Kurz: Resonanz zu erzeugen und zu erfahren.
Über die Autorin
Hanni Rützler hat sich als Food-Trend-Forscherin mit ihrem multidisziplinären Zugang zu Fragen des Ess- und Trinkverhaltens weit über den deutschsprachigen Raum hinaus einen Namen gemacht. Als Autorin und Referentin wird sie vor allem als Vermittlerin zwischen Theorie und Praxis geschätzt.
Ihr jährlich erscheinender „Food-Report“ zählt zu den einflussreichsten Publikationen in der Gastro- und Lebensmittelbranche.