BIOFACH Newsroom
New Glocal - Die Neuordnung des globalen Lebensmittelhandels

Noch ist nicht absehbar, welche langfristigen Folgen der kriegsbedingte Ausfall von Agrarprodukten aus der Ukraine, der „europäischen Kornkammer“, und die massiv steigenden Energiepreise weltweit haben werden. Sicher aber ist, dass die Befürworterinnen einer resilienten Land- und Lebensmittelwirtschaft nun weitere Aufmerksamkeit erhalten. Das lange praktizierte Modell, Lebens- und Futtermittel zu standardisieren und unter Ausnutzung von Konjunktur-, Wachstums- und Inflationsunterschieden durch die ganze Welt zu verschieben, wodurch nicht nur massive Treibhausgasemissionen in Kauf genommen werden, sondern auch großer Kosten- und Leistungsdruck auf lokale Hersteller entsteht, beginnt zu bröckeln. Davon werden in erster Linie Produzenten von Bio-Lebensmitteln profitieren, die nicht auf importierte Futter- und Düngemittel angewiesen sind. Nicht zuletzt weil sich deshalb auch die Kostenschere zwischen konventionellen und biologischen Lebensmitteln verringert.
Die Re-Regionalisierung des Ernährungssystems kommt auch den Wünschen vieler Konsumenten entgegen, die bereits vor den Krisen für mehr regionale Produkte, für transparente Lieferketten und Herkunftskennzeichnungen und die Unterstützung heimischer Produzentinnen plädierten. New Glocal ist damit nicht nur die Antwort auf die massive Erschütterung der globalen Lieferketten. Der nun durch den Krieg dynamisierte Food-Trend, in dem sich der Wunsch nach einem neuen, sinnvolleren Verhältnis von lokal produzierten und global importierten Lebensmitteln spiegelt, wird sich zu wichtigen Leitplanken für die zukünftige Lebensmittelwirtschaft entwickeln.
Nicht primär der Preis, sondern die regionale Verfügbarkeit wird bei immer mehr Produkten zu einem zentralen Kriterium, ob ein Nahrungsmittel importiert werden wird oder nicht. Aber auch dort, wo der Lebensmittelhandel weiter auf internationale Importe setzt, werden sich die Spielregeln nach und nach verändern:
denn mehr Transparenz entlang der gesamten Lieferkette fördert auch die gezieltere Kooperationen mit Fair-Trade-Produzentinnen bzw. landwirtschaftlichen Betrieben, die sich biologischen und/oder regenerativen Produktionsmethoden verschrieben haben. So entstehen engere Bande zwischen verschiedenen zukunftsgerichteten, nachhaltigeren und an längerfristiger Kooperation interessierten Regionen.
Schritt für Schritt wird dies auch zu einer Neuausrichtung des regionalen Sortiments in Supermärkten, aber auch zur Ausweitung des internationalen Direktvertriebs führen, für den es gerade im Bio-Sektor viele innovative Vorbilder gibt.