Bio-Qualität im Vertrauenscheck
Bio galt lange als Inbegriff nachhaltigen Konsums – als sichtbares Zeichen für Verantwortung, Qualität und fairen Umgang mit Natur und Mensch. Doch die letzten Jahre haben Spuren hinterlassen: Meldungen über falsch deklarierte Ware, Bio-Importe aus Übersee oder fragwürdige Zwischenhändler haben das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher stellenweise erschüttert. Oft reicht schon eine kleine Ungenauigkeit – ein missverständliches Etikett, ein unklarer Lieferweg – und eine hitzige Diskussion wird in den Medien entfacht. Das hat auch mit Psychologie zu tun: Negative Nachrichten prägen sich stärker ein als positive. Vertrauen ist fragil und muss immer wieder neu bestätigt werden. Für Bio heißt das: Jede Kontrolle, jedes glaubwürdige Projekt und jede transparente Kommunikation tragen dazu bei, Vertrauen zu festigen und Bio-Qualität zu bestätigen. Hinzu kommt: Moderne Nachhaltigkeitsbegriffe und Trends wie „regenerativ“ oder „klimapositiv“ treten zunehmend auf den Plan und konkurrieren in der öffentlichen Wahrnehmung mit dem Bio-Begriff. Was als Erweiterung gedacht ist, kann bei Konsumentinnen und Konsumenten auch Verunsicherung auslösen – vor allem, wenn unklar bleibt, worin sich die Konzepte tatsächlich unterscheiden. Dabei steht Bio-Qualität weiterhin für ein rechtlich klar definiertes, kontrolliertes System, das ökologische Prinzipien umfassend abbildet und damit die Basis für jede glaubwürdige Weiterentwicklung bildet – sichtbar gemacht durch verschiedene Bio-Siegel.
Zahlen, die der Bio-Branche Zuversicht geben
Zugleich zeigen aktuelle Erhebungen, dass die Skepsis bereits wieder abnimmt. Laut einer Studie von Prof. Dr. Katrin Zander sind zwar nur etwa 15 bis 30 Prozent der Befragten vollständig von der Vertrauenswürdigkeit und Integrität von Bio-Produkten überzeugt, doch im Vergleich zu 2019 haben sich die Zweifel deutlich verringert.
Damals hielten noch knapp die Hälfte der Befragten Bio für einen Marketingtrick. Heute schätzen Konsumentinnen und Konsumenten die Wahrscheinlichkeit, dass Bio-Produkte „auch wirklich Bio“ sind, im Durchschnitt auf rund 60 Prozent – ein klarer Vertrauenszuwachs. Die Studie verdeutlicht außerdem, dass mangelndes Vertrauen in Bio-Siegel die Zahlungsbereitschaft deutlich mindert: Verbraucherinnen und Verbraucher, die den Kontrollsystemen nicht voll vertrauen, sind seltener bereit, höhere Preise für Bio-Produkte zu zahlen. Vertrauen bleibt also nicht nur eine Frage der Haltung, sondern auch eine wirtschaftliche Voraussetzung für den Erfolg von Bio. Das Vertrauen kehrt zwar langsam zurück – aber es steht und fällt mit der Glaubwürdigkeit der Bio-Siegel, die Bio-Qualität nach außen sichtbar machen.
Bio-Siegel-Vielfalt: Orientierung oder Verwirrung?
Neben dem EU-Bio-Siegel bzw. dem deutschen Bio-Siegel mit seinen Basisstandards prägen Verbandszeichen wie Bioland, Naturland oder Demeter das Bild der Branche – sie stehen für unterschiedliche Schwerpunkte und teils deutlich strengere Richtlinien. Diese Vielfalt stärkt die Bio-Qualität und Glaubwürdigkeit der Bio-Branche – macht Orientierung für Konsumentinnen und Konsumenten aber komplex.
Auch rechtlich bekommt diese Unterscheidbarkeit Gewicht: Mit der Empowering-Consumers-Richtlinie (EmpCo) und der Anpassung des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) werden künftig vage oder unternehmenseigene Nachhaltigkeitslabels deutlich strenger bewertet. Unternehmen dürfen Nachhaltigkeitsaussagen oder -symbole nur dann verwenden, wenn sie nachweislich und überprüfbar belegt sind. Die neuen Vorgaben stellen zwar viele Unternehmen und Anbauverbände vor Herausforderungen – zugleich zeigen sie, wie gut die Bio-Branche aufgestellt ist, wenn es um überprüfbare Nachhaltigkeit geht. Erst kürzlich wurde erreicht, dass in der Gesetzesbegründung zum neuen § 2 Absatz 2 Nr. 2 UWG ausdrücklich festgehalten ist, dass sowohl die EU-Öko-Verordnung als auch darüberhinausgehende private Standards als Grundlage für „anerkannte hervorragende Umweltleistungen“ gelten. Dafür hatten sich unter anderem die AöL und Bioland gemeinsam stark gemacht. Somit sind Umwelt- und Nachhaltigkeitsaussagen weiterhin zulässig, wenn sie sich auf geprüfte Bio-Standards stützen. Damit ist klar: Eigenkreierte Nachhaltigkeitszeichen ohne unabhängige Kontrolle werden künftig kaum Bestand haben – Bio ist dem längst voraus. Ein Beispiel außerhalb der Lebensmittelbranche bildet VAUDE: Das Label Green Shape war seit vielen Jahren etabliert und wird im Zuge der neuen EU-Regelungen in ein offiziell anerkanntes Zertifizierungssystem überführt. Die Freigabe durch die zuständige Prüfstelle steht noch aus, zeigt aber, wie Unternehmen glaubwürdig mit der neuen Transparenzanforderung umgehen können.



